Eine echte Vision findest du nicht. Eine echte Vision findet dich.
Sie bricht gewaltig in dein Leben ein und setzt von heute auf morgen deine Prioritäten neu. Eine echte Vision ist eine Berufung, ihre Verwirklichung deine Mission.
Eine echte Vision ist so selten wie ein geflügeltes Einhorn. Du übersiehst sie nicht, wenn sie in dein Leben tritt. Solltest du zu jenen gehören, die von einer Vision gefunden wurden, brauchst du keinen Workshop und schon gar keinen Texter, der sie für dich formuliert. Deine eigene Botschaft wird stärker sein als alle konstruierten Formulierungen, die sich finden lassen.
Wer eine Vision sucht, sucht meistens einen Sinn im Leben. Eine Aufgabe, einen Zweck, der über die eigentliche Arbeit im Alltag hinausgeht. Oft geht es einfach um Marketing. Produkte und Dienstleistungen verkaufen sich besser mit Geschichten. Weshalb nicht eine Geschichte finden, die zeigt, dass wir gute Absichten haben und gute Dinge bewegen?
Eine gefundene Vision ist nie so authentisch wie eine echte, die als Auftrag in ein Leben bricht. Trotzdem ist es wichtig, dass auch sie glaubwürdig ist. Um das zu erreichen, solltest du folgende Fehler vermeiden:
Fehler Nr. 1: Du fixierst dich auf die Formulierung, nicht auf die Absicht dahinter.
«Super, Herr Schwitter, jetzt haben wir alles. Packen Sie das noch in einen schönen Satz, dann steht unsere Vision.» Ich sass ratlos in der Runde. Jetzt haben fünf Leute – von der Geschäftsführung über die Marketingleitung bis zum HR-Chef – während eines halben Tages alle ihre Unternehmensziele, Werte, Produkte und Dienstleistungen zusammengetragen und erwarten nun, dass ein Werbetexter die Essenz herausfiltert und sie in einem Satz festhält.
Das nennen wir dann Vision.
Auf «Jetzt haben wir alles» wäre damals die harte, ehrliche Antwort gewesen: «Einen Schei** haben wir!».
Ich, damals Junior Texter bei einer grossen Agentur, dachte jedoch, dass dieses Vorgehen schon seine Richtigkeit hat. Ich setzte mich hin und formulierte fünf bis zehn wohlklingende Sätze, die nichts mit den Leuten am Tisch zu tun hatten, aber die wichtigsten Worte aus dem Stapel Papier vor mir beinhalteten.
Irgendwas mit «Wir arbeiten an einer besseren Welt, bla bla bla» hat den Leuten gefallen. Der Satz kam auf eine Unterseite des Firmenauftritts im Web. Seither hat ihn wohl niemand mehr gelesen.
Wo lag der Fehler? Alle sprachen von «Vision», aber die Realität sah anders aus. Keiner am Tisch wollte eine Vision. Der Geschäftsleiter wollte sein Unternehmen auf Platz 1 sehen, egal wie. Der Marketing-Chefin ging es ums Reisen und die Work-Life-Balance, und der HR-Chef machte sich mehr Sorgen um seine Pensionierung als um alles, was mit dem Unternehmen zu tun hatte.
Wenn eine Vision nur Mittel zum Zweck sein soll, dann hilft auch ein Visions-Workshop nichts. Das beste Resultat wird ein Papiertiger sein, wie sie zu Tausenden auf den Webseiten von Unternehmen herumgeistern. So klingen, als hätte jemand einen schönen Satz gesucht. Sie klingen gesucht, unglaubwürdig und hohl.
Das sagt dir aber keiner. Natürlich macht die Agentur gerne ein paar Workshops mit dir und formuliert dir den Satz für einen vier- oder fünfstelligen Betrag. Dieser Satz bringt dir aber nichts. Im Gegenteil: Je grösser das Unternehmen, desto mehr Gelächter provoziert er. Weil jeder weiss, dass es dem Konzern um den Profit geht und nicht um das, was da schönfärberisch auf deiner Webseite steht. Das Tragische an der Sache: Es ist nicht das Profitstreben des Unternehmens, das stört, sondern die Schönfärberei, verursacht durch eine gesuchte (und bezahlte) Vision, die nicht mal intern geglaubt wird.
Wenn du keine Vision hast, lasse es sein. Niemand braucht eine Vision für ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen. Im Gegenteil: Du wirst erfolgreicher sein, weil du ohne authentisch bist und deine Zeit nicht damit verschwendest, etwas zu suchen, was dir nicht hilft.
Hast du eine Vision oder einen höheren Sinn in deiner Arbeit? Dann fokussiere dich auf das, was du bewegen willst, und nicht auf die Formulierung. Die soll sich ändern, mit der Zeit gehen und sich deinem Gegenüber anpassen.
So, dass jeder versteht, was deine Vision ihm oder ihr bringt.
Fehler Nr. 2: Ihr wollt einen Konsens finden.
Wenn alle ihre Ideen im Workshop eingebracht haben, verbinden wir sie. Jeder kann mitmachen. Wir suchen den gemeinsamen Nenner. Was am Schluss entsteht, soll dann der Grund sein, wofür jeder Einzelne am Morgen aufsteht.
Es ist offensichtlich, dass das nicht funktioniert. Wir machen es aber trotzdem, weil wir die Aufgabe «Vision» schneller abhaken und zum Tagesgeschäft übergehen können.
Eine Vision ist nie demokratisch. Eine Vision hat nichts mit Konsens zu tun. Eine Vision kommt immer von genau einem Menschen. Es ist nun seine Aufgabe, seine heilige Verpflichtung, andere für diese Vision zu gewinnen.
Das Unternehmen? Nur ein Instrument zur Realisierung der Vision.
Die Mitarbeitenden? Nur Helfer für die Realisierung der Vision.
Produkte und Dienstleistungen? Nur Mittel zur Verwirklichung der Vision.
Ziel, Umsatz, Profit, Assets, etc.? Nur wichtige Faktoren und Meilensteine auf der Mission – auf dem Weg zur Realisierung der Vision.
Eine Vision kommt immer von einem Menschen.
Sie gehört ihm aber nicht.
Jeder kann sich der Vision anschliessen. Verschiedene Menschen können dieselbe Vision haben, ohne sich zu kennen. Wenn sie sich kennenlernen, werden sie Verbündete der ersten Stunde sein. Unternehmen mit einer starken Vision brauchen keine Stelleninserate. Ihre Vision findet die passenden Mitarbeitenden.
Der Visionär oder die Visionärin im Unternehmen hat die Aufgabe, die andere für die Vision zu gewinnen. Das heisst: den Sinn für andere zu vermitteln.
Die Mitarbeitenden haben die Aufgabe, herauszufinden, welchen Sinn ihnen die Vision im Leben gibt. Ohne diese Verbindung bleibt jeder Job ein Job und wird niemals zur Aufgabe.
Fehler Nr. 3: Ihr arbeitet von aussen nach innen.
«Was können wir sagen? Was wollen die Leute hören? Was klingt gut?» Die Parade der falschen Fragen lässt sich beliebig weiterführen.
Ob in der Politik, der Wirtschaft oder im Verein: Wer sich danach richtet, was andere hören wollen, schaufelt sich sein eigenes Grab.
Diese Strategie mag vor der Digitalisierung funktioniert haben. Damals, wo die Meinungen noch nicht so fragmentiert und wechselhaft waren. Damals, wo eine endliche Anzahl von Gruppierungen den öffentlichen Diskurs geprägt hat.
Heute hat jeder Einzelne seinen persönlichen Medienkanal. Jeder will etwas anderes hören, etwas anderes sagen, etwas anderes denken und tun. Mit dem Resultat, dass sich eine unübersichtliche und wachsende Zahl an Gemeinschaften (Communities) bildet, mit unterschiedlichen Positionen und Lebensentwürfen.
Die richtigen Fragen heute sind: Was habe ich zu sagen? Wie sehe ich die Welt? Wer kommt mit mir auf diese Reise (heisst: Wer profitiert davon und wie)?
Wenn du dir zum Thema Vision Gedanken machst, beginne bei dir, nicht bei der vermeintlichen Zielgruppe. Deine Zielgruppe sind Menschen, die zu deiner Vision passen, weil sie ihr Leben besser macht. Dafür zahlen sie jeden Preis.
Fehler Nr. 4: Die Vision wird nicht als letzte Instanz im Unternehmen genutzt.
Lasse dich nicht täuschen: Weder eine echte noch eine gefundene Vision ist ein Marketing-Gag. Eine Vision hat Gott-Status im Unternehmen.
Eine Vision hat nur dann einen Sinn, wenn sie als Grundlage für harte Entscheidungen dient. Investieren wir in dieses Projekt oder nicht? Stellen wir mehr Leute ein oder nicht? Nehmen wir diesen Auftrag an oder nicht?
Die Antwort lautet Ja, wenn wir unserer Vision so näherkommen, und Nein, wenn nicht. Das sind keine idealistischen Entscheidungen, sondern sehr bodenständige. Wir kommen der Vision nicht näher, wenn wir das Geld zum Fenster rauswerfen. Wir kommen ihr aber auch nicht näher, wenn wir Geld horten und Profit abschöpfen, anstatt zu investieren.
Wenn die Vision nicht diese Bedeutung hat, dann ist es keine Vision.
Eine Vision bestimmt die Diskussion: Ob die Chefin etwas will oder nicht, sie muss es in Bezug auf die Vision argumentieren. Das gleiche gilt für den Praktikanten, den Lieferanten, den Kunden, den Investor, die Inhaber und alle weiteren Stakeholder.
Mit einer Vision sind alle im gleichen Boot, auf der gleichen Reise, an den gleichen Ort.
Fazit: Ob eine echte Vision dich findet oder du eine Vision suchst, gehe von dir aus, nicht von einer Gruppe. Die Gruppe bildet sich, indem du andere für die Vision gewinnst. Das machst du, indem du ihnen den Wert und den Nutzen der Vision für ihr Leben aufzeigst.
Um das zu lernen und sich persönlich weiterzuentwickeln, dafür lohnen sich Workshops und Seminare. Nicht für konstruierte Sätze und Papiertiger. Möchtest du die Themen Vision, Mission, Werte und Purpose (Sinn) persönlich vertiefen? Mache einen DEEP DIVE zum Thema «Echte Vision + Personal Storytelling». Mehr darüber erfährst du hier.


